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Staffel 2 Episode 2 – Expertengesprächsrunde zum Thema Keramik-Implantologie Teil 2

Hier der zweite Ausschnitt aus der Zukunftswerkstatt, einem Gesprächsformat der mgo Fachverlage in dem aktuelle Themen der Branche und die Herausforderungen der Zahnmedizin diskutiert werden. Die Zukunftswerkstatt wurde in Kooperation mit SDS SWISS DENTAL SOLUTIONS, in den Räumlichkeiten der SDS in Kreuzlingen durchgeführt. Nachfolgend präsentieren wir daraus vier Audioblöcke als Zusammenschnitt im Podcast-Format.

Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Frage des Vergleichs der Sofortimplantation und Sofortbelastung von Titan- und Keramikimplantaten. Hier wird auf die bestehende Datenlage sowie eigene Erfahrungen eingegangen. Dr. Ulrich Volz spricht über interne Beobachtungen von über 122.000 Implantaten und berichtet über eine höhere Erfolgsquote der Sofortimplantationen.

Desweiteren wird auf die Aufklärung der Patient*innen hinsichtlich der Einsetzung von Titan- oder Keramikimplantaten eingegangen und auf bestehenden Leitlinien. Dabei geht es nicht nur um die aktuelle Datenlage, sondern auch um mögliche Risiken.

Auch Periimplantitis wird angesprochen und es wird diskutiert, welche Rolle das Material dabei spielt, sowie eine Verunreinigung der verschiedenen Materialarten.

Die Zukunftswerkstatt wurde moderiert von Natascha Brand.

Unsere heutigen Gäste

Prof. Dr. Florian Beuer

Direktor der Zahnärztlichen Prothetik, Alterszahnmedizin und Funktionslehre am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Charité – Universitätsmedizin in Berlin und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Implantologie.

Henriette Lerner

Zahnärztin, Gründerin und Leiterin der HL Dentclinic and Academy in Baden-Baden, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Orale Implantologie und Past-Präsidentin der Digital Dentistry Society International.

Dr. Dirk Duddeck

Biologe, Zahnmediziner und Gründer und Leiter der CleanImplant Foundation, einer non-profit Organisation mit der er eine Leitlinie zur Reinheit von Implantaten verabschiedet und der „Trusted Quality Mark“, eine internationale Auszeichnung für saubere Implantate, entwickelt hat.

Dr. Kurt Mosetter

Arzt und Heilpraktiker, Begründer der Myoreflex-Therapie, Experte für Ernährungsmedizin, Mikronährstoffe und Regulationsmedizin sowie Teambetreuer im Profisport. 

Dr. Ulrich Volz

Gründer, Inhaber und Leiter der SWISS BIOHEALTH CLINIC in Kreuzlingen und SDS Swiss Dental Solutions AG, sowie Präsident der International Society of Metal-Free Implantology.

Intro 

Herzlich willkommen zur neunten Folge des SDS Podcasts.  Heute zeigen wir euch den zweiten Teil der  Episoden Serie, welche sich mit dem aktuellen Stand der Wissenschaft sowie der  Zukunft Dentaler Implantate und Implantologie beschäftigt.  In diesem Teil geht es um die Frage des Vergleichs Sofortmplantation und  Sofortbelastung von Titan und Keramik Implantaten.  Und des Weiteren sprechen unsere Teilnehmer über Periimplantitis und  welche Rolle Material und Verunreinigung der Materialarten spielt.  Wie auch im letzten Podcast sprachen Professor Dr.  Florian Beuer, Direktor zahnärztliche  Prothetik, Funktionslehre und Alterszahnmedizin am Zentrum für Zahn-, Mund- und  Kieferheilkunde der Charité Universitätsmedizin Berlin  und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Implantologie.  Dr. Henriette Lerner,  Zahnärztin, Gründerin und Leiterin der HL- Dentclinic & Academy in Baden-Baden,  Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Orale Implantologie und  Passpräsidentin der Digital Dentestry Society International.  Dr.Dirk Duddeck, Biologe, Zahnmediziner und Gründer der Clean Implant Foundation,  einer Non-Profit Organisation, mit der er eine Leitlinie zur Reinheit von  Implantaten verabschiedet und die Trusted Quality Mark, eine internationale  Auszeichnung für saubere Implantate, entwickelt hat.  Dr. Kurth Mosetter, Arzt und Heilpraktiker,  Begründer der Myoreflex-Therapie, Experte für Ernährungsmedizin, Mikronährstoffe und  Regulationsmedizin, sowie Teambetreuer im Profisport.  Und Dr.Ulrich Volz, Zahnarzt, Gründer, Inhaber und Leiter der  Swiss Biohealth Klinik Kreuzlingen und der SDS, Swiss Dental Solutions AG sowie  Präsident der International Society of Metall Free Implantology.  Zu Anfang hören Sie unsere Moderatorin der Zukunftswerkstatt Natascha Brandt.  Viel Spaß!    

 

 

Natascha Brandt 

Ich würde ganz gerne noch mal auf die  Konzepte, also Sofortmplantation und Sofortbelastung kommen.  Das haben wir bisher noch nicht angesprochen.  Wie schaut es denn da aus?  Im Vergleich Titanimplantate zu Keramikimplantaten. 

 

Dr. Henriette Lerner 

Also Sofortimplantation, Sofortversorgung  hat eine Erfolgsrate von 97, 98 %, wenn man es richtig macht.  Wir haben genug  Studien von Carl Misch bis Deborah Schwarz bis Piattelli, was die  Keramikimplantate, aber jetzt korrigieren Sie mich, also ich kenne Ihre Datenlage,  die Einzelzahnimplantate Sofortversorgung, praktizieren Sie die? Machen  Sie die auch? Oder ist es full arch das, was meistens. 

 

Dr. Ulrich Volz 

Sowohl als auch. Ich persönlich implantiere 95% Sofortimplantate aus zwei Gründen, weil ich habe eine viel höhere mechanische Sicherheit, weil ich  habe ein längeres und dickeres Implantat auf lange Sicht.  Ich lasse nicht die Atrophie zu und in  meiner Studie haben wir gesehen, es waren 112 Sofortimplantate, also schon eine gute  Datenmenge, dass wir hatten den gleichen Knochenabbau, den wir immer haben,  ungefähr 0,6 Millimeter, auch bei der Spätimplantation,  habe ich den bei der Spätimplantation, bei der Sofortimplantation, habe ich de facto  netto keinen Knochenabbau bei der Sofortimplantation.  Ich erhalte die Strukturen und das zweite ist einfach auch wenn wir uns die Qualität  anschauen des Knochens, dann wird er nach sechs Monaten ja schon wieder  demineralisiert und hat immer höhere Fettanteile, weil einfach nicht der  Stoffwechsel aktiviert wird durch die Belastung.  Und tatsächlich in unseren internen Beobachtungen, da haben wir ja  Datenmengen, wie gesagt, über 122.000 Implantate, haben wir eine höhere  Erfolgsquote bei Sofortimplantaten als bei Spätimplantationen.  Ich führ’s darauf zurück, weil wir einfach  in einen größer volumigen Knochen implantieren und in einen Knochen, der vom  Stoffwechsel her, der ja nach der Extraktion ist, der ja im  Knochenbildungsmodus, der will Knochen bilden.  Und wenn ich dort das Implantat dazusetze, dann habe ich eine höhere  Chance, wie wenn, sagen wir mal, der Knochenmetabolismus schon komplett  runtergefahren ist nach einem halben Jahr oder einem Jahr.   

 

Dr. Ulrich Volz 

Und insofern ich bin ein absoluter Fan der  Sofortimplantation aus biologischen Gründen.  Ich bin es natürlich auch, weil ich  Praktiker bin und ja auch als Zahnarzt wirtschaftlich denken musste, die  Patienten wollen sofort Implantation und Sofortversorgung. Punkt. 

 

Natascha Brandt 

Ich würde ganz gerne mal ein bisschen beim  Material bleiben und auch jetzt zur Forensik mal kommen.  Und zwar würde mich interessieren, wie  muss denn der Patient hinsichtlich der Materialwahl überhaupt aufgeklärt werden,  also Titan, Keramik, Risiken und Nebenwirkungen.  Was sagen denn da die Leitlinien oder wie muss er aufgeklärt werden? 

 

Dr. Florian Beuer 

Es gibt eine neue Leitlinie  was an Tests gemacht werden kann oder nicht gemacht  werden kann oder was sinnvoll ist bei Patienten, die Material sensibel sind.  Und da ist es leider so, dass wir heute  keinen validierten wissenschaftlichen Test haben, wo man sagen könnte Okay, ich  schicke da einfach alle Patienten durch und dann kriege ich raus, ob der  jetzt eher ein Keramikimplantat oder eher ein Titanimplantat verträgt.  Also Keramikimplantate werden immer vertragen, also davon gehen wir mal aus,  dass die Sensibilisierung auf Titan höher ist.  Aber wir haben keinen wissenschaftlichen Test, um das zu beweisen.  Also es steht sogar in der Leitlinie ganz  explizit drin, es soll kein Prick Test vorher gemacht werden.  Ich glaube, da sind wir uns einig, dass also diese profetische Testung eher zu  einer Sensibilisierung des Patienten führt als zu irgendwelchen Erkenntnissen.  Der LTT Test, der zwar irgendwas aussagt,  aber halt nicht wirklich eine klinische Korrelation oder die klinische Korrelation  nicht nachgewiesen hat, ist da auch schwierig. 

 

Dr. Florian Beuer 

Ich würde es eigentlich eher so sehen,  wenn der Patient mit dem Wunsch als Keramikimplantat kommt  und ich überrede ihn jetzt, dass er sich ein Titanimplantat machen lässt. 

 

Dr. Florian Beuer 

Dann  habe ich, und wenn es nur unterbewusst ist, auf alle Fälle das in eine Richtung  beeinflusst, die ihn wahrscheinlich nicht glücklich macht.  Das heißt, bei Patienten, die von sich denken, ob das  jetzt wissenschaftlich nachgewiesen ist oder nicht, ist eigentlich fast egal.  Die von sich denken, sie seien Material sensibel,  für die ist das ein Riesenthema und die  jetzt in ein konventionelles Korsett zu drücken, glaube ich, wäre vor allem von  der Patientenpsychologie das Schlechteste, was man machen könnte. 

 

Dr. Florian Beuer 

Ich würde aber aus heutiger Sicht auf alle Fälle sagen, man klärt über die  wissenschaftliche Datenlage auf, man klärt über die Risiken auf.  

 

Dr. Henriette Lerner 

Ich gehe genauso vor.  Also ich kläre den Patienten über alle Möglichkeiten auf  Priorität hat der Patient, der tatsächlich Keramik gewünscht.  Und ansonsten basiert auf der Datenlage,  basiert auf meiner Erfahrung, werde ich dann aufklären.  Und ja, so entscheidet der Patient. 

 

Dr. Ulrich Volz 

Ja, ich glaube, ganz wichtig ist ja  schlussendlich  für den Durchschnitts Zahnarzt draußen  der hat es ja, sagen wir mal am schwersten  eigentlich, weil der muss sich ja auf Dinge verlassen.  Und da denke ich, ist es sehr wichtig,  dass wir Richtlinien erstellen durch entsprechende Organisationen.  Das ist unendlich wertvoll.  Und ich denke, jetzt haben wir mit der S3 Richtlinie eine Richtlinie, die eine volle  Empfehlung für einteilige Implantate ausspricht. 

 

Natascha Brandt 

Periimplantitis ist jetzt ein gutes  Stichwort, wo ich überleiten möchte, und zwar zur Periimplantitis Ätiologie.  Gibt es einen Unterschied in der Ätiologie von Keramik zu Titan?  Also welche Rolle spielt das Material dabei?  

 

Dr. Florian Beuer 

Also es gibt so zwei Periimplantitis Theorien,  wo ich sagen würde, eine ist so, wie es in den Leitlinien steht und die akzeptiert ist  und die andere ist Thomas Albrechtsons Theorie, die eigentlich, also der ist mir  zu ernst zu nehmen, als dass ich diese Theorie komplett wegwischen würde.  Also die erste ist diese Biofilm  assoziierte, das heißt quasi zuerst kommt der Biofilm und der Biofilm ist  verantwortlich für alles, also quasi ähnlich wie in der Erfahrung.  Und der Thomas Albrechtson sagt aber nein,  die Periimplantitis ist eine Fremdkörperreaktion des Körpers.  Und zwar er hält eine Balance zwischen  seinem Immunsystem und der Fremdkörperreaktion.  Und wenn eben, also eine Periimplantitis  ist eigentlich nichts pathologisches, sondern einfach, der Körper will diesen  Fremdkörper loswerden. Und dass quasi der Biofilm als zweites kommt.  Und diese erste Biofilm assoziierte,  sagt okay Biofilm ist da, es gibt eine  Entzündung, die Entzündung führt dazu, dass der PH runtergeht.  Und da ist schon ein Unterschied zwischen  Keramik und Titan, weil wenn der PH-Wert unter fünf geht, dann geht Titan in  Lösung, dann korreliert Titan und Keramik korreliert halt nicht.  Also wir hatten am Anfang auch Thomas Albrechtson und seine Gruppe,  Henrik T. Heiden ist ja im Prinzip auch ein Anhänger dieser Theorie.Ich 

 

Dr. Florian Beuer 

Ich  würde sagen, ja, heute ist die Wissenschaft eher  Biofilm assoziiert und kämpft eigentlich nur gegen den Biofilm.  Ich glaube, dass Periimplantitis viel, viel mehr ist.  Wir haben es einfach noch nicht verstanden.  Und ja, ist ein Unterschied, würde ich auf alle Fälle sagen.  Chemisch stabiler in einem entzündeten  Gewebe ist sicher Keramik im Vergleich zu Titan.  Das ist unumstritten. 

 

Dr. Henriette Lerner 

Also zu Keramikimplantaten, das werden Sie eigentlich bestätigen oder nicht  ich denke Periimplantitis gibt es bei  Keramik auch weniger.  Was sagen Ihre Daten?  Was sagt Ihre Datenlage? Also bzw.  die allgemeine Literatur sagt das Gleiche.  Und das ist einmal auf dem Plaque, auf der abweisende Plaque.  Also Keramik ist abweisender für Plaque .  Das ist auch wissenschaftlich nachgewiesen.  Und die Affinität der Schleimhaut zu Keramik.  Was bei Titan weniger ist, also die Affinität ist zu Zirkon viel höher als zu Titan, und wir  wissen jetzt mittlerweile, was für eine Rolle Volumen und die Qualität  des Weichgewebes in der Erhaltung des Knochens spielt.  Dementsprechend ist es einfach viel geschützter. Was sagen Sie dazu? 

 

Dr. Ulrich Volz 

Also ich denke, eine Sache, die sehr, sehr wichtig ist, ist, dass wir mit Zirkonoxid  wahrscheinlich das einzige Material haben, das wir zumindest kennen, das sich mit der  Gingiva wirklich fest verbindet, einen Verbund eingeht.  Es hat schon Rudel gezeigt mit den  25-Jährigen Histologien, die mir vorliegen, hat Oliva gezeigt, hat Nevins gezeigt  2011, hat aber auch Professor Kniha gezeigt mit Straumann-Implantaten.  Da entsteht tatsächlich eine Verbindung.  Wir kennen es natürlich seit DCS, eigentlich seit den Keramikkronen, haben  wir gesagt: Wow, toll, wie die Gingiva da aussieht.  Die Reaktion ist definitiv eine andere,  das ist mal mit Sicherheit ein wichtiger Faktor.  Ich bezeichne das, weil ich ja auch stark aus der Biologie und Immunologie komme,  als die immunologische Türe, denn wir müssen ja sehen, die Gingiva ist das  äußere Keimblatt und hat ja ganz spezielle Abwehr-Kaskaden und Mechanismen eingebaut,  um diesem brutalen Potenzial an Keimen, das wir in der Mundhöhle haben, wir wissen ja,  wir dürfen tausend Mal auf der Körperoberfläche außen einstechen mit  derselben Nadel und dann in den Mund gehen, passiert gar nichts.  Ich darf aber niemals auf die Idee kommen,  im Mund eine Injektion zu machen und auf der Körperoberfläche einzustechen.  Das ist ein Fehler und führt zu einer gewaltigen Infektion. 

 

Dr. Ulrich Volz 

Deswegen darf ja auch eine Nadel, mit der ich schon genäht habe, nicht ins Auge  fallen, da kann der Patient das Auge verlieren.  Deswegen lassen wir den Patienten die Auge schließen, setzen eine Brille auf.  Dafür brauchen wir diese Kaskaden, die wir  in der Kutis, Subkutis, in der Gingiva, im äußeren Keimblatt haben, um zu verhindern,  dass die Keime, das mittlere Keimblatt den Knochen angreifen.  Und der natürliche gesunde Zahn, der hat ja  Sulcus und keine Tasche.  Das heißt, dort müssen die Erreger durch das äußere Keimblatt durch.  Das äußere Keimblatt ist ja Körperaußenseite wie auch die  Nasenschleimhaut, die Mundschleimhaut, die Darmschleimhaut.  Sobald ich den Spalt offen habe und deswegen sind ja auch die ganzen  Parodontitiven, aber auch sagen wir mal die teilretinierten Weisheitszähne  eigentlich so gefährlich und das wissen die Kardiologen wieder, die uns zeigen in  ihren Studien, dass in 85 Prozent der Klotz der Gefäßverschlüsse,  dieselben Pathogene wie eben in den Parodontopathien zu finden sind.  Und deswegen schicken uns ja auch die Herzchirurgen die Patienten vor der  Herztransplantation beispielsweise, um dort sauber zu machen.  Das halte ich für einen wichtigen Punkt, dass wir Material haben, das die  immunologische Türe schließt und das schafft einfach Keramik.  Das sehe ich mit einem Luftbläser, wenn man einmal  zwischen Keramik-Implantat und Gingiva pustet  

 

Dr. Ulrich Volz 

und einmal zwischen Titanimplantat und Gingiva dazwischen pustest.  Da löst es sich es halt einfach ab.  Das ist schon mal, denke ich, sehr wichtig.  Dann wissen wir natürlich auch, ganz klar, da wird Dr.  Duddeck noch drüber sprechen, die  Sauberkeit der Oberfläche spielt eine Rolle, aber natürlich auch grundsätzlich  Partikel-Release, was wir bei Zirkonoxid so nicht haben.  Und insofern spielt es sicherlich eine  Rolle, dass wir hier anderes Material haben.  

 

Natascha Brandt 

Herr Dr. Duddeck, welche Rolle spielt denn eine  verunreinigte Implantat-Oberfläche bei der Periimplantitis Ätiologie? 

 

Dr. Dirk Duddeck 

Das ist die Masterfrage.    Vielleicht dazu eine Zahl.  Der FDA wurden gemeldet, ich glaube über 2,1 Millionen Failed Dental Implantate.  Das heißt, die gemeldeten Implantate sind  sewrious Injuries, das heißt auf gut deutsch, die sind rausgefallen, ersetzt worden.  Ich habe in meiner Zeit in einer Klinik,  war in zwei Kliniken tätig, nicht ein einziges Implantat der BfArM gemeldet.  Ich habe auch keinen Kollegen und ich frage, wer meldet denn eure Verluste?  Die Zahlen sind schon ziemlich.  Also ich vermute mal, dass diese Zahl von  über 2 Millionen, über die lange Zeit muss man natürlich ins Verhältnis setzen und  die verkauften und die letzten Implantate auch alles prozentual sicherlich nicht  mehr so dramatisch, trotzdem eine gewaltige Zahl.  Und als es veröffentlicht wurde in Kaiser Health News letztes 2021 wurden große  Anbieter von Herstellern gefragt, wie sie denn zu ihren Zahlen stehen.  Und dann gab es zwei Erklärungsversuche.  Das eine sind natürlich vorbelastete  Patienten, manchmal von schlecht eingestellten Diabetes Patienten, Raucher,  die natürlich da durchaus eine Rolle spielen.  Und Lack of Education war der Grund.  Also eine, auf gut deutsch der Doppel-Links-Händler -  wir Zahnärzte sind schlecht ausgebildet,  können es einfach nicht und dann fliegen die Dinger raus. 

 

Dr. Dirk Duddeck 

 Oder der Patient putzt sich nicht die Zähne oder hat Vorerkrankungen.  Das springt mir viel zu kurz.  Und ich denke, wenn man die Gründe sucht, fehlt ein ganz  wichtiger und das ist das Implantat selber.  Eine zweite Zahl, die passt dann auch zusammen für mich.  Wir hatten in der letzten durchgeführten  Kohorte mit 100 Implantaten von 80 Herstellern, also sehr schönen Marktüberblick  analysiert, auch unter dem Mikroskop gesehen, dass wir, wir haben die  aufgelistet, es gibt es eine sehr schöne dramatische Grafik von Partikel bis 50  Mikrometer, also ganz kleine Mini Partikel.  Im Regelfall sind das Plastikreste, komme  ich gleich noch mal drauf, was das im Detail ist, mehr als 150 Partikel.  Wie viele dieser 100 Implantate haben so viel Verunreinigung?  Wir waren überrascht.  30 von 100.  Jedes dritte Implantat zeigt eine  signifikante, Anhäufung vermeidbarer, deshalb vermeidbar  weil andere es nicht haben, vermeidbarer Verunreinigung, die sich aber auch im metallischen Bereich dann weiter ziehen.     also ich halte es für, im englischen sagt man  the most unterrated factor, aber es ist für mich wirklich der weitest  übersehenste Faktor für Periimplantitis und wird auch unterschätzt. 

 

Natascha Brandt 

Steril und trotzdem nicht sauber.  Das hat sich ja die Clean Implant Foundation auf die Fahnen geschrieben.  Können Sie mal kurz skizzieren, was genau Sie machen? 

 

Dr. Dirk Duddeck 

Also steril und trotzdem nicht sauber.  Ich weiß immer, wenn ich so in die runde Frage bei Vorträgen, dann ist für  viele steril ist sauber, ist es aber nicht.  Ich hatte mal eine sehr schöne handgeschriebene Notiz bekommen von  Professor Wahl   “mensch Herr Kollege Duddeck, dass was Sie analysieren,  habe ich vor 35 Jahren schon gemacht, da  haben wir noch die Implantate selber sterilisieren müssen in der Praxis.“  Und in der Publikation, die er mir zugeschickt hat, aus einer  uralten Zeitschrift, das ist gar nicht digital erfasst, so alt ist das  schon, hat er ganz klar gesagt, was er sieht, ist steriler Dreck.  Er hat diesen Terminus auch für uns  gezeigt und wir sehen einfach viel zu viele Artikel, die man, obwohl sie steril  sind, die sind nicht mehr lebendig, da ist kein Keim dir  da ist kein Virus drin, da sind keine Hysterien sind.  Trotzdem haben diese Stoffe eine Wirkung  als Fremdtoffe, als Fremdkörper. 

 

Natascha Brandt 

Was können denn diese Stoffe auslösen beim Patienten? 

 

Dr. Dirk Duddeck 

Sie können es nicht nur, sie tun es auch – wenn sie klein genug sind.  Ich denke auch an die Studie von Professor Wahl, weil  die großen Partikel werden bindegewebig umschlossen.  Da gibt es vielleicht einen etwas geringeren BIC, also einen Kontakt von  Knochen zu Implantaten, etwas niedrigeren ?, wenn man es  rausnehmen wollte, also eine etwas schlechtere Selegation.  Die kleinen Partikel, die machen mir und  machen dem Körper am meisten Sorgen, weil alles was zwischen 0,2 und 7,2 µ groß ist   hat den höchsten proinflammatorischen Effekt.  Das heißt, wir sehen, dass diese Partikel, die ja dann Kontakt auch verlieren  zur Oberfläche, von Makrophagen aufgenommen werden und der Rest ist eine  Kaskade, die in der Biologie vorgegeben ist.  Wir sehen, wenn ein Makrophage einen Partikel aufnimmt, ist das dann ja nicht  ????, sondern in der Folge????  Wir sehen nachweisbar TNF Alpha, wir sehen Interleukine.  Das Schlimme ist, dass in dieser Abfolge, sagen wir mal der Körper versucht mit  diesen Verunreinigungen in irgendeiner Form zurechtzukommen.  Und in der Folge gibt es eben leider Begleiteffekte.  Das TNF Alpha ist das Stellgebiet für die  Entwicklung von Pro-Osteoplasten zu Osteoplasten.  Also der Körper reagiert mit Knochenabbau als einer der Effekte auf die  Verunreinigung und er reagiert auch über den Release von  Metalloproteinase MMP-8 mit Weichgewebe Degradation. 

 

Dr. Dirk Duddeck 

Das heißt, einerseits gibt es einen wunderschönen  Weitgewebeszusammenhang, da kann man einsetzen, was man will, ob das Zirkon  oder Titan ist und der Knochen geht weg als Folge der Kontamination.  Und ich wiederhole mich, das ist vermeidbar.  Weil wir haben viele Hersteller, die wir auch auszeichnen, die diese partikulären  Belastungen, die aus der Fertigung kommen, aus der Verpackung, aus dem Handling eben nicht dort haben.   

 

Natascha Brandt 

Wir haben ja gesehen, auch  Keramikimplantate können Oberflächenverschmutzung ausweisen.  Wir sind ja gerade beim Thema Keramikimplantate.  Wie muss denn ein Keramikimplantat    verpackt sein bzw.  wie darf es denn nicht verpackt werden?  

 

Dr. Dirk Duddeck 

 Eigentlich gilt  dass, es gibt eigentlich keine  Unterschiede,  was die Verpackung angeht.  Wenn ich bevor ich ein Implantate analysiert habe,  wir entpacken die unter Klasse 5, rein Raumbedingungen das, ist  zwei Klassen sauberer als die verpackt werden, weil ich auch Anschuldigungen bekomme,  ich hätte in irgendeiner Form auf die Implantate eingewirkt.  Das ist nicht möglich.  Wie auch immer, wenn wir das auspacken, sehe ich schon, wenn man ein Implantat in  einen Kunststoff Block hineinpresst, mit dem ersten rauen Gewindegang  it walks like a duck, it quacks like a duck, it looks like a duck.  Also da ist auch das Plastik dann auf dem  Implantat drauf und zwar auf 10 von 10 Getesteten.  Das sehen wir in der Industrie tatsächlich, dass manche Verpackungen  einfach nicht intelligent sind und ich sehe wenig Implantate, die im Titan-Bereich die Verpackung berühren.  Man sieht auch diesen Titan-Sleve, wo die dann mehr oder weniger mit wenig  Berührung oder nur mit Punktkontakten zu wiederum Titan berührt werden.  Aber es ist völlig irrsinnig, dass man  als deutsche Ingenieursleistung halte ich das eigentlich für ein Desaster, wenn ich sehe, dass ein wunderbares Implantat, das vielleicht bis zu dem Zeitpunkt der  Verpackung wahrscheinlich sogar sauber war, dann am Ende quetscht man das in so  einen Plastikblock rein und dann hat man gerade dem Patienten, dem man eine metallfreie Versorgung, für ein hochpreisiges Produkt versprochen hat,  drei bis vier Mikrogramm  Polyacetal oder polyethylen in den Knochen rein drückt.  Mit entsprechenden Folgen, Fremdkörperreaktionen. 

 

Natascha Brandt 

Und offensichtlich hat SDS da ja was anders gemacht.  Sie haben die Implantate der Bright  Produkte von CleanImplant zertifizieren lassen.  Warum? Und vor allem auch welchen Wert hat es  letztendlich auch für die Anwender, für die Patienten? 

 

Dr. Ulrich Volz 

Ja, ich denke, ich habe ja Keramikimplantate auch aus dem Grund entwickelt, was ich vorhin vergessen habe zu sagen,  ich hatte schon immer in meinem Werdegang hauptsächlich chronisch kranke Patienten.  Es hat sich so ergeben, weil ich einfach immer an Medizin interessiert war.  Ein großer Teil meines Fokus ist auch die Medizin selbst.  Ich habe ja auch immer Ärzte in meinen Praxen gehabt.  Also Dr.  Mutter war der erste, war die erste umweltmedizinische Abteilung weltweit vom  großen Professor Daschner, der ja unser Hygiene Papst in Deutschland war,  Universität Freiburg und seinen ersten Oberarzt der ersten Umweltmedizin weltweit  habe ich ja damals in meine Zahnklinik in Konstanz geholt.  Das heißt, ich war natürlich immer extrem sensibilisiert von medizinischer Seite.  Deswegen bin ich ja in die metallfreie Richtung gegangen.  Und interessant ist auch jetzt retrospektiv, dass über 50% aller  Keramikimplantat-Firmen sind CleanImplant zertifiziert.  Also der Anteil ist unendlich höher in der  Keramikimplantat-Branche als in der Titanimplantat-Branche.  Das heißt, da wird das Thema viel ernster genommen.  Zweitens hatte ich tatsächlich, also  insofern ich war schon immer natürlich an gesunden Produkten interessiert, sonst hätte ich ja nicht Keramikimplantate entwickelt.  Zweitens bin ich dann dem Dirk Duddeck begegnet, ich  weiß noch, er hat mich an der Bar in Robinson auf  Fuerteventura, in der  Fortbildungswoche, hat er gesagt, Ulrich komm mal her, schau dir das hier mal an. 

 

Dr. Ulrich Volz 

 Und dann habe ich echt noch einen zweiten Gin Tonic gebraucht, sogar einen dritten.  Und dann habe ich gesagt Ja, wow, das muss ich ernst nehmen.  Also ich habe dann einfach gesagt Du, Dirk, wir sind eine super kleine Firma,  ich habe kein Geld, aber wir müssen es ernst nehmen.  Und haben ein Projekt aufgezogen.  Es hat tatsächlich, wie viele Jahre waren es jetzt?  Sechs, acht Jahre dürfen es gewesen sein.  Wir haben im Prinzip Millionen investiert, nicht in die CleanImplantat Foundation, da wären  wir froh, sondern die ganzen Reinigungsprozesse.  Wir mussten alles komplett neu aufsetzen.  Aber ich habe immer noch einen sportlichen  Ehrgeiz und habe dann gesagt: Duddeck, können wir da noch eins draufsetzen?  Und er hat gesagt: „Könnt ihr, indem ihr  hingeht und auch schon den reinen Produktionsprozess  schon CleanImplant zertifizieren lasst oder überprüfen lasst.  Das heißt, wir sind ja Hersteller im Sinne des Medizinprodukte Gesetzes.  Wir sind auch verantwortlich bis ins letzte Detail.  Wir kontrollieren die Maschinen, aber die Maschinen stehen in großen Firmen.  Und wir mussten jetzt diese Firmen  zwingen, überreden, überzeugen, dass die die Prozesse so aufsetzen und  umbauen, was für die alles andere als angenehm und günstig und toll war.  Heute sind sie sehr glücklich, dass sie es  gemacht haben, weil das Thema immer stärker wird. 

 

Dr. Ulrich Volz 

Ja, genau, Zweck heiligt die Mittel.  Aber ich habe einfach gesagt, die Kondition ist nicht  verhandelbar, muss so gemacht werden, wenn ihr mit uns produzieren wollt.  Und das Positive war, dass wir eben die einzigen sind, die schon signifikante  Mengen am Markt abnehmen können als Marktführer.  Und dann haben die natürlich auch mit  den Zähnen geknirscht und haben es eben auch gemacht.  Das heißt, wir haben aber, das können Sie  besser erklären, nicht nur quasi das Produkt am Ende des Tages, wenn es dann  per mystery Shopping von irgendeinem Kunden geholt wird, haben wir keinen Einfluss  drauf, ist sauber, sondern es wird schon im Produktionsprozess schon getestet.   

 

Outro 

Dies war der zweite Teil der Zukunftswerkstatt, einem Gesprächsformat  der MGO Fachverlage, in dem aktuelle Themen der Branche und die  Herausforderungen in der Zahnmedizin diskutiert werden.  Die Zukunftswerkstatt wurde in Kooperation mit Swiss Dental Solutions in den  Räumlichkeiten des Swiss Dental Solutions in Kreuzlingen durchgeführt.  Nachfolgend präsentieren wir daraus vier  Audio Blöcke als Zusammenschnitte im Podcast Format.  Freuen Sie sich auf die nächsten zwei Teile, in denen es wieder um spannende Themen  der Zukunft der Dentalen Implantologie und Implantate gehen wird. 

Folgen Sie uns!

Der Gastgeber

DR. KARL ULRICH VOLZ

Keramik-Pionier und Vorreiter seiner Zunft. Mit seinem ganzheitlichen Behandlungskonzept ist es ihm gelungen die Brücke zwischen der Biologischen Zahnheilkunde und der Chirurgie zu schlagen, und somit das beste aus zwei Welten zu vereinen.